Sind wir ehrlich, es gibt schlechtes Wetter! Egal welche Kleidung man trägt … ES GIBT SCHLECHTES WETTER. Wir schreiben Mai 2014 – die Eisheiligen machen dieses Jahr ihrem Namen alle Ehre und in Rehau startet die Lamilux Ci Classics 2014 RTF.
Jahreszyklus Rennradnozive: meine erste RTF
Aber erst mal Zeitsprung. Bis letztes Jahr war ich nur Läufer, bis letztes Jahr habe ich mich nicht wirklich tiefer mit dem Radsport beschäftigt.
Dann kam mein neues Rad und Erfahrungen die man damit macht. Stunden auf dem Rollentrainer vor der weißen Wand und die erste unfreiwillige Dusche. Die Betonung hierbei liegt auf unfreiwillig!
Für den heutigen Tag habe ich mir meine erste RTF auf die Fahne geschrieben. Für alle die – wie ich vor einigen Monaten – keinen Plan haben was das ist. Es handelt sich um Radtourenfahrten. Bildlich gesprochen bekommt man für wenige Euros mehrere ausgeschilderte Strecken, Verpflegung und die Gelegenheit auch mal in größeren Gruppen zu fahren. Es gibt keine Zeitmessung, keine Rangliste … es gibt Stoppschilder, Ampeln und Straßenverkehr.
Als Laufsportler klingt sowas ziemlich öde, man stelle sich Lauftourenläufe LTF vor. Das gleiche nur ohne Rad … obwohl, das nennt sich für Läufer meist Wanderweg, hat aber eindeutig einen anderen Charme. Dazu aber später mehr.
Lamilux Ci Classics 2014 – Classic Light Runde
Erkältungspause – 10 Tage ging rein gar nichts und jeden Morgen checkte ich als erstes Gesundheitszustand und Symptome. So langsam wurde es besser, aber 100% Genesung dauert eben. Dazu kommt das schlechteste Maiwetter seit Jahren. Es ist kalt, windig, regnerisch. Aber nach 10 Tagen „im Zwinger“ freut man sich eben wie ein junger Hund, wenn man doch raus darf.
Alle Wetter-Apps und Webseiten vermelden für den 18.05. in Rehau das Gleiche. 90% Regenwahrscheinlichkeit und Temperaturen um die 8-9°C … feinstes Herbstwetter.
Der Wecker klingelt um kurz vor sechs – das Rad ist zum Glück schon im Auto. Der Symptomcheck zeigt, dass ich weiterhin auf dem Weg der Besserung bin, da ich nicht vor habe ein Rennen zu fahren, wird das klappen. Nach einem Kaffee, einem O-Saft und einem Brötchen (bisschen mau ich weiß) setze ich mich ins Auto und schalte tatsächlich am 18. Mai (!) die Sitzheizung ein. Noch trage ich eine kurze Radhose.
Der Weg zur Lamilux Ci Classics 2014 nach Rehau ist nicht weit, in ca. 50 Minuten bin ich dort … und meine Stimmung ist noch bestens. Bewölkung dahinter sogar etwas Sonne zu erkennen. Auf den letzten 15km schwant mir schlimmes, ich sehe Regenwolken… es bleibt aber trocken. Aber mir wird etwas warm ums Herz als ich den erste Rennradfahrer überhole und vor mir Autos mit Fahrrädern auftauchen. Plötzlich ist da dieses gute Gefühl, dass man nicht allein ist mit seinem Spleen. Das man nicht als einziger an einem Sonntag früher aufsteht als unter der Woche und bei Wind und Wetter mit anderen Verrückten verrückte Dinge zu tun.
Direkt am Parkplatz fängt es zu regnen an, ich hole mein Startnummer und korrigiere meine geplante Kleiderwahl. Nee… ich lasse die Ärmel an meiner Windstopperjacke dran und überlege mir ganz spontan über die kurze Hose noch eine lange zu ziehen. Was ich zu dem Zeitpunkt schon erahne, aber erst später harte Realität wird, ist aber das Fehlen von Überschuhen … etwas, was bisher noch keinen Weg in meine Radausstattung gefunden hat.
Nachdem ich das Schlauchtuch aus dem Starterpaket gleich mal unterm Helm verwendet habe und mein eigenes noch als Halstuch trage fühle ich mich gewappnet. Vorher setze ich noch meine bisher unbenutzte Adidas Evil Eye Halfrim Pro auf, die ich am Vorabend noch auf die klareren LST Bright-Gläser umgebaut habe. Jetzt verstehe ich plötzlich auch, warum so viele Radsportler da sind… diese Zauberbrillen gaukeln einem selbst bei 8°C und Regenschauer angenehmes Sonnenlicht vor. Aber ich lasse ich mir wenigstens optisch besseres Wetter vorgaukeln.
Nach ein paar Minuten warmradeln – was bei diesem Wetter nicht wirklich geklappt hat – stehe ich am Start und warte die letzten 5 Minuten vor dem Start. Beim Laufen stehe ich da, bin konzentriert und warte entspannt ab. Hier stehe ich und gucke, was für eine bunte Mischung sich hier so findet. Zum Start noch ein paar Warme Worte und der Satz des Tages… „Es gibt kein schlechtes Wetter, sondern nur schlechte Kleidung“. Ich denke mir nur „jaja…“.
Mikrokosmos Radtourenfahrt
Am Start der Lamilux Ci Classics 2014 erkennt man schon, hier meinen es einige Ernst und Gefangene werden nicht gemacht. Vereinsfahrer mit richtig teuren Kisten stehen neben so einem Rennradpöbel wie mir, der das einfach nur so nebenbei macht. Triathlethen mit Zeitfahrrädern sind ebenfalls zu finden wie… huch … ein Moutainbike? Aber warum nicht.
Die Kleiderordnung ist auch bunt gemischt, einige sind bestens auf dieses Wetterinferno vorbereitet, andere tragen kurze Hosen und nur eine Regenjacke über dem Trikot.
Um Punkt 9.00 Uhr geht es los … auch hier wird Ernst gemacht. Einige ziehen das Tempo kräftig an und machen keine Gefangenen. Ich brauche gut 4km bis ich einen 30er Schnitt erreicht habe und mich zum ersten Mal in meinem Leben in einer Gruppe von 6-7 Radfahrern wiederfinde.
Da ist er also, der RTF-Mikrokosmos. Man gibt Handzeichen, fährt Windschatten, wechselt Positionen und… naja, das liegt am Wetter. Und bekommt den ganzen Dreck der Straße vom Hinterrad des Vordermannes ins Gesicht. Ich bemühe mich die Klappe zu halten, merke aber hin und wieder ein leises knirschen.
Das Fahren in der Gruppe hat eine eigene Faszination, da fahren 10 Leute auf Rennrädern über den Asphalt, es regnet zwar und ist kalt, aber alle sind bei der Sache. Das Surren der Räder mitten in einem Waldstück ist Faszination pur, die knarrenden Freiläufe bei Abfahrten. Ich verstehe langsam, was das ganze ausmacht.
In der Gruppe rauschen wir dahin, als Neuling und als gerade Gesundender habe ich mich brav am Ende der Gruppe einsortiert und mache nichts anderes als mitzufahren. Es geht mit gutem Tempo voran, bis in Hohenberg an der Eger ein Schild hämisch neben der Straße steht. 900 Meter / 11% … uff… noch bin ich frisch und in der Gruppe gibt es 2-3 Leute mit denen ich mithalten kann.
Inzwischen regnet es mal mehr, mal weniger … Nass bin ich sowieso und wenn es gerade nicht regnet, fahren wir auf Straßen mit Pfützen, damit die Vorausfahrenden mich auch nochmals kräftig vollsauen können. Auf gut der Hälfte der Strecke ein Verpflegungsposten und der beste Tee, den ich jemals getrunken habe. Da es kalt ist, beschließe ich allerdings vor dem großen Teil der Gruppe loszufahren und fahre allein im Gegenwind. Vor mir sehe ich zwei Räder, ca. 1 KM entfernt… mit viel Müh‘ und Not komme ich nach einer zügigen Abfahrt ran, genau wie der Rest der Gruppe.
Nach und nach werden wir aufgesammelt und ich kann mich irgendwo im Mittelfeld einsortiert. Allerdings geht mir an den Steigungen inzwischen die Luft aus den eiskalten Oberschenkeln aus. Das in meinen Radschuhen ein See aus Eiswasser ist, muss ich hoffentlich nicht erst erwähnen. An einem kurzen Ansteig kurz vor der Streckenteilung ist die Gruppe vor mir enteilt. Ich kann noch zu zwei anderen aufschließen.
Im Gespräch stelle ich fest, dass das heute auch für Routiniers keine Spaßveranstaltung ist. Ein Fahrer, der seine Überschuhe (!!) vergessen hat, fragt mich wo die Strecke abzweigt, weil er nämlich anstatt der 110km lieber doch die 72km fahren möchte. Seine Entscheidung war auf jeden Fall gut für mich, denn ab der Abzweigung sind wir die restlichen 21km zusammen unterwegs. Zwischendrin gab es etwas Smalltalk und dabei auch ein kräftiges Tempo.
Kurz vor Schluß haben sich die Streckenplaner noch so ein richtiges Schmankerl einfallen lassen. Erst sind noch zwei Anstiege zu bewältigen und plötzlich verlässt man die schön geteerte Straße um auf einem gepflasterten Flurbereinigungsweg weiter zu fahren. GPS-Strecke am Radcomputer und Schilder stimmten überein, also kam etwas Paris Roubaix-Feeling auf…allerdings maximal optisch, denn die Pflastersteine waren 1A verlegt.
Meine Oberschenkel mochten die letzten Anstiege gar nicht mehr, sie quittierten jeglichen Wunsch mehr Druck auf Pedal zu geben, mit der Warnung zu krampfen, sollte ich von so einem Krampf keinen Abstand nehmen. Also gut, ich fuhr den Hügel locker hoch und flog dann, so gut es ging, auf der Bundesstraße Richtung Ziel. Zum Abschluß bei dem Regen nochmal eine richtig tolle Erfahrung, denn auf so einer Bundesstraße gibt es viele Pfützen und Autos die Gischt spritzen… dabei reicht es schon, wenn man mit gut 50 Sachen über den Asphalt braust.
Im Ziel angekommen gab es für mich nur noch eins. Das überaus dreckige Rad ins Auto packen, die Sporttasche schnappen und eine heiße Dusche. Danach konnte ich nicht nur meine Zehen wieder bewegen, sondern auch entpannt das kostenlose Weizen und die Ziel-Bratwurst abstauben.
Alles in allem war die Lamilux Ci Classics 2014 RTF tolle Erfahrung, das war auch nicht die letzte RTF dieses Jahr. Vor allem das Fahren in der Gruppe macht das ganze aus und macht die Faszination des Radsports klar.
Schöner Bericht über die „kalte“ und „nasse“ Veranstaltung.
Bin ca. 10 Min. nach Dir ins Ziel getrudelt.
Ich sag nur so nah und doch so fern :)
Hi Lucky,
mit dem Wetter bleibt die Veranstaltung auf jeden Fall im Gedächtnis – vor allem wenn es 3 Tage später richtig tolles Wetter ist :-)
VG
Daniel