Wer hätte das gedacht, vor kurzem jährte sich zum vierten Mal meine Entscheidung die Faulheit Faulheit sein zu lassen und die Laufschuhe zu schnüren.
Wenn ich doch nur damals geahnt hätte, wo mich das ganze hinführt … die Frage ist nur – hätte ich mich anders entschieden?
Naja vielleicht hätte ich früher ein Rennrad gekauft, so viel ist sicher. In meinem sportlichen Erfahrungshorizont gibt es aber inzwischen schon Traditionen. Eine Tradition ist inzwischen die dritte Teilnahme beim Frankenwald Radmarathon in Stockheim.
Nach 110km in 2014 als erste richtige Rennradveranstaltung folgte 2015 die irrsinnige Doppelbelastung. Samstags lief ich einen 35er in der Berlin-Marathon Vorbereitung um dann am Tag drauf – am Sonntag – die 165km beim Frankenwald Radmarathon abzureißen. Ich hatte schon mal schlauere Ideen.
Was davon hängengeblieben ist, war die Erinnerung daran, dass das die letzte wirklich problemlose Trainingseinheit 2015 war. Danach ging es nur noch abwärts. Dazu gleich nochmals mehr.
Traditionen soll man pflegen
Eine andere Tradition ist inzwischen, dass ich mich leicht zu Dummheiten verführen lasse – vor allem wenn es darum geht andere Bekloppte zu treffen sinkt die Hemmschwelle sich für Dinge anzumelden, für die ich eigentlich gar nicht gut genug trainiert habe.
Dieses mal war es aber etwas anders gelagert. Für alle, die es noch nicht wissen, hier schreibt ja einer der inzwischen noch mehr weder Fisch noch Fleisch ist. Bin ich ein radfahrender Läufer (wie ich früher sagte) oder ein laufender Radfahrer (dazu fahre ich aber zu wenig Rad)? Mir fällt keine passende Schublade ein. Aber ich schweife ab, mir macht beides Spaß. Ebenso wie ich gerne bei Twitter & Co. die Leute des #twitterlauftreffs treffe und fachsimple freute ich mich im Laufe des Jahres, dass sich ein Quasi-Pendant – der #twitterbiketreff – ergeben hat.
Während es für die Läufer regelmässig Klassenfahrten gibt (die nächste ist beim Berlin Marathon) fehlte sowas beim Radsport noch. Die Aktionen bei Rad am Ring waren da schon ein guter Anfang, aber es war eben geplant, dass sich ein paar mehr Leute beim Frankenwald Radmarathon persönlich treffen und miteinander fahren.
So ergab es sich dann tatsächlich auch, dass ich mich vom Gruppenzwang eingelullt (könnte auch sein, dass ich den selbst angezettelt hab … hier verschwimmen meine Erinnerungen irgendwie) für die 210km Strecke angemeldet habe. Klar… kann man mal machen, in einem Jahr in dem nichts wirklich läuft. Ist ja auch nur die Strecke mit den meisten Höhenmetern jemals und die zweitlängste Strecke nach der MSR300 im Jahr zuvor.
210km RTF für Dummies
Ab hier folgt übrigens der Teil, an dem gestandene Radsporthelden entweder abbrechen und die Seite verlassen, oder ggf. einen Chiropraktiker aufsuchen sollten ob des vermehrten Kopfschüttelns.
Es bleibt an dieser Stelle festzuhalten, dass sich der Autor dieser Zeilen „eigentlich“ im Marathon Training für den Berlin Marathon befindet. Eben jener Schreiberling, der erst seit Mai überhaupt wieder läuft und ca. 350 Kilometer dieses Jahr abgespult hat.
In diesem Plan sollte selbstverständlich Sonntags ein langer Lauf liegen, so ein Lauf fiel schon der äusserst durchdachten Planung bei Rad am Ring zum Opfer. Klar, dass man dann eine Woche später problemlos nochmal eine RTF mit 210km und kräftig Höhenmeter nachlegt. Ein Radtraining fand weiterhin nicht statt.
Die längste Route dieses Jahr – die RTF in Hof, die Belastung eine Woche zuvor bei RaR hat immerhin den Motor wieder rund laufen lassen. Von Höhenmetern in 2016 keine Spur.
Immerhin rettete mich mein Körper mit eindeutigen Warnsignalen davor, die Blödheit von 2015 zu wiederholen. Eigentlich hatte ich geplant am Samstag den langen Lauf zu machen und Sonntag die lange Strecke zu radeln.
Dinge passieren ja meist nicht ohne Grund. Samstag Morgen, mein Wecker klingelt. Es regnet in Strömen und einfach alles an meinem Körper fühlt sich an wie Blei. Also Wecker aus, umdrehen und gut sein lassen.
Nachdem ich die Tage vorher schon in Frage gestellt hatte, auf der Langstrecke zu starten war ich mir plötzlich ganz sicher, dass ich bei derartig schlechtem Gefühl eher heruntermelde. Aber es kam, wie es kommen musste.
Mein Frankenwald Radmarathon 2016
Nachdem ich mit der Familie unterwegs war, fuhren wir auf dem Heimweg in Stockheim vorbei, damit ich – für den frühen Start – die Unterlagen schon Zuhause hatte.
Während wir also vor Ort beim Abendessen warten, dass Sven noch zu uns stösst, sickert die Stimmung so langsam in mein Hirn. Sonnenschein, viele Menschen mit Rädern vor Ort und Radklamotten. Die Musik spielt und im Kopf legt sich der Schalter um. Ach was solls, was sind schon 200 Kilometer – irgendwie geht das schon gut. Beflügelt von diesem Gefühl geht es ins Bett und früh Morgens nach einem spartanischen Frühstück wieder zurück Richtung Stockheim.
Morgens bin ich tatsächlich ruhig, ich freue mich und treffe den #twitterbiketreff beinahe Komplett am Kik-Parkplatz. Den Rest entdecken wir auf der Fahrt zum Start. Die 200er Runde ist für fast alle gesetzt, nur die Gruppen stehen noch nicht so ganz fest.
Ansgar und ich bleiben zusammen, zum einen hat er sich am Vortag kräftig vorbelastet, ausserdem hat er mich ja lange genug bequatscht um auch zusammen zu fahren.
Die eigentliche Beschreibung des Trips hat Ansgar übrigens auch schon übernommen, mehr oder einen besseren Bericht könnte ich auch nicht tippen, darum hier meine absolute Leseempfehlung.
200er Exklusiv-Schleife
Wie das eben so ist, mit dem (Trainings-)Alter steigt auch die Reife. Ich habe in den letzten 4 Jahren ja genügend Fehler gemacht, manche davon sogar mehrfach. Für den Frankenwald Radmarathon habe ich mir diesmal vorgenommen auf eine vernünftige Verpflegungs- und Trinkstrategie zu setzen. Das bedeutet, keinen Süßkram an den Verpflegungsstationen (das habe ich durch die belegten Brötchen gelöst) – zusätzlich gesalzenes Wasser. Die meiste Zeit ging das auch gut, allerdings hätte ich vielleicht 1-2 Gels mehr auf der Strecke nehmen müssen. Hinsichtlich Krämpfen & Co. bin ich so aber verschont geblieben.
Die exklusive 200er-Schleife am Anfang – der einzige Teil der Strecke, den ich noch nicht kannte – ist aber wirklich alles Wert. Absolut tolle Strecke, super Anstieg … auch dieses Jahr wieder bei allerbestem Wetter.
Bis zur ersten Verpflegung rollen wir relativ locker, mein Blick immer auf den Pulsmesser. Meinen Garmin Vector2 habe ich ja schon nach dem Test wieder zurück gegeben. Mit der Strategie ist auch immer Luft nach oben um mal an einen Hügel zu fahren.
Von Epo Brötchen und Downhill Rasern
Die erste Verpflegung wäre gar nicht nötig, aber wir nehmen sie mit. Während ich wohl das berühmte Epo-Brötchen erwischt habe, hängt Ansgar bis zur nächsten Verpflegung teilweise ganz schön in den Seilen, während ich die Führungsarbeit übernehme. Am Ende der 200er-Extra-Schleife kann ich dann schon mit Streckenkenntnis glänzen.
Nach der VP2 in Lehesten ging es mit Ansgar wieder bergauf. Apropos bergauf, ich habe schnell festgestellt, dass ich vorher besser nicht darauf hinweise, wie lang ein Anstieg ist. Bei der Ansage, Achtung kurzer knackiger Anstieg… *zisch* war Ansgar weg und nur noch als Schema am Horizont zu sehen.
Traktoren und Hungeräste
Ich bin meiner Linie treu geblieben und bin stoisch im Traktor-Modus die Anstiege hochgeklettert um meine Abfahrtsfähigkeiten danach wieder auszuspielen. Runterschalten, Unterlenker Position und ab dafür. So wechselten wir uns regelmässig ab und zogen langsam gen Saalburg. Nachdem die Hälfte geschafft war, ging es noch erstaunlich gut.
Der lange Anstieg bei Bad Lobenstein war allerdings dann, genau so lang wie befürchtet. Schon letztes Jahr bei der 165er Runde hing ich gefühlte Ewigkeiten hier fest. Diesmal konnten wir zwar ein Pferdefuhrwerk überholen, aber es war höllisch heiss und lang. Das Gel das ich nahm, hätte ich sicher besser 20 Minuten früher genommen. Mit jedem Meter Anstieg ging mir mehr und mehr der Saft aus. Je näher wir zur nächsten VP in Carlsgrün kamen um so mehr musste sich Ansgar zurückfallen lassen.
Der Ofen war aus und selbst auf der Ebene mit leichtem Gegenwind hatte ich das Gefühl zu stehen. Die Rettung war die Suppe am VP. Selten wünscht man sich an einem sonnigen Sommertag eine Suppe, hier war es perfekt. Zusätzlich noch ein Brötchen, etwas Kuchen (der erste an diesem Tag!), Schokolade und einen Kaffee.
Strava-Segmentjagd nach der Supersuppe
Dennoch war ich spürbar angeschlagen und konnte kaum noch Führungsarbeit übernehmen, zum Glück ging es ja erstmal bergab. Der letzte Große Anstieg nach Nordhalben war im letzten Jahr der Punkt gewesen, bei dem mir der Sprit ausging, diesmal war es dank der Verpflegung etwas besser. Ansgar fuhr zwar wieder mit dem Dampfhammer die Steigung hoch, aber ich blieb dran und laut Strava habe ich also im dritten Versuch mit den meisten KM in den Beinen die schnellste Zeit an dem Anstieg geschafft. Wow.
Die letzte VP hätten wir zwar auslassen können, aber eine WC-Pause war auch nicht schlecht. Durch die Baustelle fällt „die Rampe“ 2016 ja leider aus, also eine Alternative Route die leider nicht so schön ist und im Gegensatz zum Rest der Strecke auf einer relativ viel befahrenen Straße verläuft. Die letzten Kilometer noch etwas Radweg und dann geht es ab Richtung Stockheim.
Am Ende stehen 200km und ca. 3.300 Höhenmeter auf der Uhr … es ist Schweine heiß und ich bin müde. Allerdings habe ich auch die zweitlängste Strecke meines Lebens und die meisten Höhenmeter erradelt. Einfach so … am Tag vorher hatte ich noch nicht dran gedacht und dann das. Vielen Dank an der Stelle übrigens auch an Ansgar, ohne den der Spaß an der Runde sicher kleiner gewesen wäre.
Der FRM – eine sichere Bank wie immer
Zum Frankenwald Radmarathon selbst muss ich eigentlich keine Worte mehr verlieren, die Veranstaltung hat mir wieder sehr gut gefallen. Es ist einfach das ganze, die tolle Beschilderung, die vielen Helfer in den VP, die tolle Stimmung, der „Massenstart“, die tolle Streckenführung. Es gibt aus meiner Sicht wenig auszusetzen. Dafür liegt das ganze natürlich noch vor Ort bei mir, was ein absoluter Vorteil ist.
Dazu das Festgelände, was auch einen Reiz hat, wenn man vorher dort sein kann. Immerhin kann man so auch den Vereinen, die die RTF organisieren etwas gutes tun. So bleibt natürlich auch hier die Hoffnung, dass sich diese Tradition fortsetzt, denn mit drei Teilnahmen ist der FRM in meinem WK Kalender schon eine sichere Bank. Nächstes Jahr vielleicht ohne den #twitterbiketreff aber bestimmt wieder mit mir.
Haaaaaach. Vera würde sagen: Das dynamische Duo
:-P
Dynamischer geht kaum noch :-)