…und Ernst ist jetzt 3 Jahre. Ja … haha! … selten so gelacht. Aber, der uralt Kalauer ist ein prima Einstieg um meine aktuelle Situation zu beschreiben.
Wahrscheinlich besteht mein Blog aus überraschend vielen Beiträgen, die den gleichen Inhalt haben, wie dieser hier. Ziele schmieden, Ziele verwerfen … Pläne machen, Pläne nicht einhalten, scheitern, überwinden, Ziel erreichen … an irgend einer Stelle steht zudem stets der Zweifel.
Manche nennen das, was ich da mache #mimimi. Letztlich ist es ein erprobtes Konzept und bedeutet – ich nehme das, was ich da tue ernst. Sicher auch mal zu ernst.
Aber aus Ernst wird Spaß, wenn man trainiert und merkt, dass man schaffen wird, was man sich vorstellt; was man sich vornimmt. Das ist der optimale Ablauf: Ziel setzen, Plan schmieden, Plan abarbeiten und die Sicherheit gewinnen, das Ziel zu erreichen. Der Traum jedes Sportlers (das gilt nicht nur für Hobby-Athleten).
Ein positiver und selbstbestätigender Prozess. Aktuell habe ich mich allerdings (mal wieder) im bösen Zwilling gefangen. Ich nehme Dinge zu ernst, bin zu verbissen. Da ich Dinge zu verbissen sehe, passiert es zu oft, dass ich eine Einheit unzufrieden abschließe. Vielleicht, weil ich nicht die Kilometer geschafft hatte, die ich wollte; vielleicht weil die Pace zu niedrig war oder gerade so ging… oder oder oder. Es gibt so viele Gründe, warum man seine eigene Leistung nicht wertschätzt.
Die Greif’sche Sommerregeneration hat mich in diesen Strudel gestürzt. Im Plan standen zwar nur Läufe im extensiven Dauerlauftempo (5:21 bis 5:39), nur hatte ich das Problem, dass sich die vielen Kilometer keinesfalls locker angefühlt haben. Anstatt – mental – zu regenerieren, habe ich den Plan zu 100% abgespult, dabei die „Happy Pills“ Trails und Rennrad hinten an gestellt.
Nun kam letzte Woche der Greif-Jokerplan für den Berlin Marathon. Das Zeitziel ist Lichtjahre von dem entfernt, was für mich realistisch ist. Der Plan ist auf 3:14h ausgerichtet. Ganz konkret bedeutet das: 35km Läufe in der Endausbaustufe mit 15km Endbeschleunigung in irgendwas um 4:50er Pace. Das hat mich psychisch wohl komplett über die Klippe gehen lassen. Seitdem geht gar nichts mehr.
Direkt im Anschluss daran, habe ich sogleich einen langen Lauf (geplant waren 35km) vergeigt. Gekürzt auf 20km und in 6:38er Pace mit vielen Gehpausen schleifte ich mich nach Hause – nicht nur körperlich sondern auch mental hart getroffen. Quasi eine selbstbestätigende Prophezeiung.
Realistisch betrachtet, war dieser Lauf die Folge eines Infektes, der sich diese Woche eingenistet hatte – das weiß ich heute. Aber auch mein Bauchgefühl sagt mir, das aktuell etwas schief läuft!
Ich hab die MSR300 überstanden, weil ich Respekt hatte, aber das ganze nicht sooo ernst nahm um mich am Trainingsplan aufzureiben. Ich habe den ZUT überstanden, weil ich Respekt hatte (großen Respekt), aber das ganze nicht sooo ernst nahm den Plan 1:1 durchzuziehen. Nur den Marathon, den nehme ich ernst – viel zu ernst. Mein Scheitern in den ersten Wochen des Versuchs meinen ersten Marathon zu laufen steckt natürlich im Hinterkopf. Aber damit ist jetzt Schluss!
Und wie beendet man so etwas?
Mit positiven Gedanken! Mit dem Wissen, dass ich meinen ersten Radmarathon über 168km gefahren bin, mit einer einmaligen Strecke >100km. Mit dem Wissen, ich hab die MSR300 zwar mit vielen Einheiten gefahren, aber die längste Einheit war 110km. Mit dem Wissen, dass ich vor dem ZUT nur 3x über 30km gelaufen bin und nur 1x über 1.000HM.
Nichts davon gehört in ein Lehrbuch, wie man besonders vorbildlich für solche Events trainiert. Vielleicht gehört es eher in ein Sachbuch zum Thema: „AK30-Vollzeitjob-Familie-Hobbysportler rockt den Scheiß, der ihm Spaß macht“.
5 Wettkämpfe in einem Monat und überall Bestzeit: Geilo! Vor einem Hügellauf mit dem MTB unter Zeitdruck anreisen: Witzig! Zwei Tage hintereinander um 4:00 Uhr aufstehen und sporteln: Freiheit pur! Einen Tag frei nehmen und einfach so 110km mit 1500HM durch die Heimat radeln: Glück!
Dafür mach ich den ganzen Quark!! Nicht um den ganzen Spaß, die Freiheit, die Beklopptheit einem 42,195km langen Lauf unterzuordnen. Nicht absolute Trainingsvernunft, eiserne Disziplin oder sekundengenaue Laufeinheiten sollen das sein, was in meiner Erinnerung bleibt. Der Marathon ist nur eine Station zu weiteren Zielen und das ist mir heute klar geworden.
Es ist an der Zeit, den Marathon weniger ernst zu nehmen … und es fühlt sich gut an. Anstatt in das nächste freie Zeitfenster einen 30km-Lauf zu drücken, werde ich eine Radrunde fahren, die ich dieses Jahr noch nicht geschafft habe…und die ich unbedingt mal wieder fahren möchte. Das wird mich in Berlin sicherlich keine Sekunde kosten, aber mir 3h Zufriedenheit und Glück verschaffen.
Das Leben ist zu kurz für Zwang im Sport!
Einfach nur Danke! Denn mir geht es ähnlich – wenn auch auf anderem Leistungsniveau … Ich kraxele gerade am Wiederaufbau nach einer langen laufpause rum und nehme mich viel zu ernst und überlege ganz aufzugeben … Der eine Teil von mir, in mir.
Der andere sagt: Lauf was möglich ist… Lass die Laufuhr Laufuhr sein und freue dich drauf dass du Sonntag die Herausforderung 25 km laufen zu dürfen, annimmst und das Beste daraus machst.
Dein Blog hat mir sehr geholfen dabei – danke!
Das ist die schwierige Balance – zu wissen wie ernst man gerade eine freiwillige Belastung nehmen sollte. Otto-Normalverbraucher sieht das gelassen, der denkt sich … „lass den Quatsch doch weg“ … aber genau das wollen wir ja nicht. Niemand würde wirklich ernsthaft, bei zu viel Druck, zu viel Ärger usw. den Sport aufgeben … das ist auch gut so.
Aber hin und wieder kann man sich doch (im privaten, im Job … überall) die Frage stellen, ob man noch richtig unterwegs ist und ob man vllt. die Energie kurzfristig umverteilt.
Der Witz dabei ist ja, nach einigen Tagen kommt die Motivation ja wieder. Aber eben nur, wenn man sie lässt.
Amen, Bruder!
Geht uns dieses Jahr ganz genauso – die Läufe, die „nur mal so“ mitgenommen werden, laufsen super. Und die zwei Halbmarathons, auf die man sich akribisch, mit Zeitziel und allem drum und dran vorbereitet hat, gehen daneben. Schwere Beine, null Spaß, Saulaune, schlechte Zeit (naja, halt keine neue PB).
Wenn Du das Rezept findest, wie man etwas auf Befehl nicht mehr zu ernst nimmt, dann her damit ;-) Und wir drücken natürlich die Daumen für Berlin und 3:14!
Ich brauche keine Daumen für 3:14 … damit fängt es nämlich bei mir an. Greif meint, dieses Ziel könnte ich erreichen, aber es passt nicht zu meinem Gefühl und meiner Leistungsfähigkeit. Hier hilft selbstkritisch sein.
Gesetzte Ziele zu erreichen ist etwas, das mich durchaus motiviert. Es gibt ja viele Menschen, bei denen es eher Nebensache ist.
Ich persönlich habe schon die Möglichkeit geschaffen, Dinge im Vergleich mit anderen für mich umzubewerten. Ist nicht immer einfach, aber für den Berlin Marathon hat es gereicht die Gedanken hier aufzuschreiben. Das bringt einen aus der Schockstarre. Ich hab die Probleme für mich sichtbar gemacht und das ganze Wochenende das „richtige“ gemacht um da heraus zu kommen.
Zustimmung!