Oh du schöner Frankenwald. Die Bewohner des Frankenwaldes und des Thüringer Schiefergebirge mögen mir folgenden Satz bitte verzeihen: Dort kann man nicht viel machen, aber Radfahren, das ist dort einfach super!
Schon die neue Streckenplanung bei der Euregio RTF war feinste Frankenwald-Kost für Rennradler. Quasi ein Appetithäppchen für das, was im August folgt. Schon letztes Jahr hat mich die tolle Strecke (bei nicht so tollem Wetter) beim Frankenwald Radmarathon beeindruckt.
Gerade bei einer RTF gibt es ja selten neues zu sagen. Der FRM ist super organisiert. Ein Radmarathon mit 1.500 Teilnehmern, komplett von Vereinen organisiert. Wirklich eine tolle Leistung. Das Gelände ist 1A ausgeschildert, es gibt viele Parkplätze, gute Beschilderung, ausreichend Toiletten, schnelle Startnummernabholung, Programm nach der Zieleinfahrt und und und.
Aber auch auf der Strecke alles wie letztes Jahr. Dazu gleich aber mehr.
Mal so richtig schön bekloppt sein
Nun habe ich mir dieses Jahr einen Plan zurechtgelegt, der im Berlin Marathon gipfelt. Viele der vorhergehenden Höhepunkte dienen jeweils als weiterer Schritt zur gelungenen Marathon-Premiere. Nur der Frankenwald Radmarathon passt da nicht rein, aber ich wollte ihn unbedingt fahren.
Im Zuge der Nachjustierung meines Plans kam dazu, dass ich Ende Juli auch noch den Arber Radmarathon fahren wollte. Sowohl Vernunft als auch Gesundheit sorgten aber dafür, dass ich freiwillig auf den Start verzichtet habe.
Da der Marathon im Fokus steht, der lange Lauf auf Samstag liegt und Radfahren ja eine ganz andere Sportart ist, habe ich beschlossen ein kleines Experiment zu machen. Am Samstag lief ich einen 35er mit 3km Endbeschleunigung in 4:59 min/km. Dazu klingelte der Wecker um 4:10 Uhr um die Familie nicht zu belästigen und ausreichend Regenerationszeit zu gewinnen.
Sonntag dann das gleiche Spiel, 4:10 Uhr piept der Wecker und es geht auf die Straße zum FRM. Was macht man nicht alles für den Sport. Wie das ganze ausgegangen ist? Besser als erwartet.
13. Frankenwald Radmarathon 2015 – 165km Strecke
Nachdem ich Samstag Abend (ausreichend müde nach dem früh aufstehen und dem Tagesprogramm) noch alles gepackt und zusammengesucht habe, fiel ich ins Bett und bin wohl eingeschlafen als mein Kopf das Kissen berührte.
Wohl auch deswegen kam ich Morgens schwer aus dem Bett. 4:30 Uhr stand ich endlich auf und spulte meine Kaffee – Chia-O-Saft, Nutella-Toast Routine ab. Rechtzeitig ging es los Richtung Stockheim. Von mir Zuhause aus ca. 45 Minuten Fahrtzeit, bei der ich (wohlgemerkt im Raddress und mit leichter Zipperjacke) tatsächlich die Sitzheizung an hatte. Letztes Jahr war das aber noch notwendiger.
Nachdem ich den Startbeutel abgeholt und mich umgezogen habe, bereue ich etwas keine Armlinge dabei zu haben, reisse mich aber zusammen und nehme mit der Windweste zusätzlich vorlieb.
Um 6:40 Uhr fahren die 220er los und 10 Minuten später geht es schon auf die 165km Runde. Die ersten Kilometer geht es über die abgesperrte Bundesstraße. Ein tolles Bild in der Morgensonne. Ich nehme etwas Tempo auf, wohlwissentlich, dass an diesem Tag nicht viel Tempo machbar sein wird, immerhin habe ich nicht trainiert und liege am Ende der Sommerregeneration auch beim Radfahren eher am unteren Teil der Formgrenze.
Ich wollte es nicht übertreiben und eigentlich soll so eine RTF ja auch zum genießen sein. Vor allem nachdem ich mich letztes Jahr auf das Panorama gefreut hatte und letztlich nur Nebel gesehen habe. Diesmal gibt’s genügend zu sehen, ein paar Fotos habe ich gemacht – aber eigentlich hätte ich jede Sekunde ein Foto schießen können.
Die Strecke bis zur ersten Verpflegung ist identisch mit den 110km vorm Vorjahr. Also fahre ich – für mich – locker, manchmal lasse ich eine Gruppe abreißen, manchmal merke ich, dass hinter mir plötzlich 10 Leute fahren. Der wenige Frühstück braucht aber Gesellschaft. In Lehesten geht es nach 30km links ran um das Frühstück nachzuholen.
Dort wo sich letztes Jahr die Strecke teilte geht es diesmal weiter. Anscheinend wurde die Strecke noch etwas angepasst. Aber (fast) überall prangen neon-orangene Pfeile, die den Weg weisen. Fast deswegen, weil kurz vor Altengesees an einer T-Kreuzung plötzlich kein Schild mehr hängt. Da war wohl ein Scherzkeks am Werk.
Gruppenzwang sei dank, fahren wir rechts wo andere zu sehen sind. An der nächsten Kreuzung gibt es aber wieder keinen Pfeil. Also umdrehen und zurück.
Wie beim Frankenwald Radmarathon üblich, geht es über den Frankenwald und dem Schiefergebirge des Thüringer Waldes stets auf und ab. Irgendwo müssen ja letztlich die 2.800 Höhenmeter herkommen, immerhin ist man nie höher als ganz knapp 700 HM. Das macht diese RTF auch so anspruchsvoll. Einfach einen Berg hochquälen und dann beim runterfahren erholen geht nicht, man ist ständig im Wechsel zwischen Anstieg und Abfahrt. Das Höhenprofil spricht eine klare Sprache.
Es geht weiter, die 1.000 HM sind schnell erreicht und das Auf und Ab geht mir langsam tatsächlich in die Beine. Als es Richtung Bleilochtalsperre und Saalburg geht, melden meine Muskeln tatsächlich, dass ihnen die Höhenmeter nicht so gut gefallen. Das muss man ihnen aber auch lassen, denn immerhin bin ich noch nie mehr als 1800HM gefahren.
Der Garmin Edge 510 zeigt 420 Höhenmeter an – etwas das man da nicht lesen möchte. Denn es geht ja wieder auf fast 700 Höhenmeter nach oben. Nach der zweiten Verpflegungsstelle bin ich (mal wieder) strategisch ungünstig losgefahren. Also heißt es, alleine fahren. Bis zur letzten VK wird sich das nicht sehr oft ändern. Entweder ich falle aus einer Gruppe oder ich bin schneller. Zum Glück gibt es wenig Wind – außer auf dem ein oder anderen Höhenzug.
Es geht weiter Richtung Lobenstein und dem längsten Anstieg. Leider macht mein Material nicht mit. Im Wiegetritt springt hinten die Kette ein Ritzel weiter. Ich bin total perplex – das Gehirn ist wohl unterversorgt. Erst Zuhause merke ich, dass der Schnellspanner nicht fest war. Für mich beutetet das, kein Wiegetritt bergauf. Schöner Mist!
Ich gucke nach oben und sehe wie der Anstieg immer weiter geht. Alles in der Sonne …und ich habe ein schwarzes Trikot an. Am Berg machen meine Beine schon nicht mehr richtig mit, aber kaum geht es gerade hin kann ich wieder Druck machen. So ist das eben – man kann was man trainiert.
Nach ein paar Kilometern biegen wir auf die 110km Strecke ein. Ab hier gibt’s keine Überraschungen mehr. So geht es weiter bis zur Verpflegung in Carlsgrün, wo ich mir 10 Minuten Pause gönne. Ich merke, wie mir die Kräfte schwinden – deswegen hinsetzen, 2 Cola, Salamibrötchen, Gurke mit Salz und 5 Minuten im Schatten sitzen. So anstrengend hatte ich mir die RTF nicht vorgestellt, aber ins Ziel gefahren wird. Punkt!
Ab Carlsgrün geht es erstmal abwärts – wohlwissentlich, dass man sich danach nach Nordhalben hochschrauben muss. Hier merke ich, dass die Körner fast verbraucht sind. Ohne Wiegetritt, der auch die Muskeln entlastet kurble ich einsam nach oben. Ich werde von drei 220km-Fahrern überholt und freue mich darauf, oben was zu trinken und abwärts zu rollen.
Leider hab ich mir das wohl letztes Jahr nicht gemerkt, denn auch nach Nordhalben geht es auf- und abwärts. Überall wo es gerade ist, mache ich Tempo – vor allem auf dem Teilstück vor der letzten VK in Effelter. Gerade waren noch zwei Leute hinter mir und plötzlich waren sie weg. Mit knapp 40km/h dank guter Straße und etwas Rückenwind geht es zur VK. Hier lasse ich mir nicht mehr viel Zeit. Flasche füllen, etwas salziges Essen und versuchen nicht von Wespen gestochen zu werden.
Die letzten Körner halte ich im Gegenwind zusammen und lasse mich aufsammeln. Immerhin steht die „Rampe“ an. Vor allem unter der Vorbedingung, dass ich im Sattel bleiben muss um hoch zu kommen.
Auf dem Weg nach oben wird von der Fanmeile gelogen was geht, die Dame brüllt ins Mikro, dass wir gut aussehen. Bei mir kann davon nicht die Rede sein. Letztlich war es zwar schmerzhaft aber schnell vorbei.
Dann noch schnell bergab und über die Bundesstraße ins Ziel. Dann das übliche: alkoholfreies Weizen trinken, von Wespe stechen lassen und sich schon auf das nächste freuen wenn man wieder teilnehmen kann.
Also, das Experiment langer Lauf und lange Radfahrt war machbar. Sinnvoll? Lassen wir mal dahingestellt. Spaß gemacht hat es.
Der Frankenwald Radmarathon ist super organisiert, bei diesem Wetter absolut traumhaft, die Strecke ist fordernd. Mehr gibt es nicht zu sagen. Ist und bleibt eine Empfehlung wert.
Hey Daniel,
dieser Landstrich hat es mir auch angetan. Beim nächsten Familienbesuch im Thüringer Schiefergebirge gebe ich frühzeitig Bescheid, evlt. kann man den ein oder anderen Berg mal zusammen hochkurbeln.
Die Kombination Laufen und Radfahren funktioniert bei mir auch bestens, wenngleich ich es meistens anders herum angehe. Letztes Wochenende erst 115km durch den Wind gekämpft mit dem Rad und am nächsten Tag ziemlich locker Laufen gewesen. Klar merkt man hier und da die Oberschenkel, aber die Beine sind bei weitem nicht so schwer wie vermutet und auch Puls und Atmung gehen echt super. Eine zweite Radeinheit wäre eher #allebekloppt ;-)
Wie man laufen und radfahren verträgt, hängt wohl damit zusammen wie man das ganze trainiert. Vor einem langen Lauf kann ich auf jeden Fall keine Höhenmeter fahren. Dann ist beim laufen einfach die Luft raus.
Ich habe vor einiger Zeit in einem Forum auch gelesen, dass sich die Rad-Performance spürbar erhöht, wenn man nicht mehr läuft. Zum Glück ist mir das nicht so wichtig, ich bin ja weiterhin ein Läufer der Rad fährt und nicht anders herum. Und gesamtheitlich betrachtet ist der Wechsel gut für die Regeneration. Seitdem ich radfahre habe ich kaum noch Beschwerde im Bewegungsapparat.
Vielen Dank für diesen schönen Bericht mit den wundervollen Fotos – das hat bei mir gerade wieder Lust aufs Radfahren ausgelöst (und das mag ich normalerweise nicht soooo gerne ;-) ).
Liebe Grüsse
Ariana
Das freut mich – für mich macht das auch das Rennradfahren aus. In der Natur sein und ein paar tolle Momente genießen. Im Gegensatz zum laufen kann man auch deutlich einfacher Fotos machen :-)
VG
Daniel
Hallo Daniel,
super Bericht… kann ich genau so unterschreiben. Tolle Veranstaltung, schöne Strecken, großartige Orga und gestern – im Vergleich zum Vorjahr – absolutes Kaiserwetter.
Deinem Startaufstellungsbild zufolge bin ich wohl nur wenige Meter hinter Dir gestartet – am Ende warst Du dann aber laut Strava doch gute 10min früher im Ziel. Meine Nettofahrzeit war zwar einen Ticken kürzer, habe mir dafür aber auch den Umweg nach Thimmendorf gespart (das Schild hatte die Orga gerade wieder aufgehängt). Ansonsten habe ich (einmal mehr) zuviel Zeit beim Essen verbummelt und mich an den VKs verquatscht.
Alles in allem bin ich mit meiner Leistung nichtsdestotrotz zufrieden – die Vorzeichen für meine Teilnahme in diesem Jahr waren „leicht suboptimal“: nach einer Muskelverletzung war der FRM die erste Sporteinheit nach fast 3 Wochen und Shimano hatte in der letzten Woche zu allem Überfluss meine (reklamierten) Laufräder verbummelt. Ergo: außer Form bin ich mit 2kg Extragewicht auf den Rippen und Knie-/Muskelschmerzen auf einem alten Alubock gestartet.
Mit dieser Vorgeschichte lief es dann doch recht gut, auch wenn der Puls mangels Form durchgängig VIEL zu hoch lag. Dazu bin ich (wieder einmal) anfänglich zu defensiv gefahren, nur um dann im letzten Drittel mit 35-40km/h alleine, ohne Gruppe, von Posseck nach Stockheim zu ballern.
Apropos Gruppe – wenn es einen Kritikpunkt gibt, dann hätte die Zusammenarbeit zwischen den Teilnehmern besser sein können. Nachdem ich ebenfalls von der Bleiloch-Talsperre bis Effelter fast im Alleingang unterwegs war, habe ich mir an der letzten VK extra eine Gruppe ausgeguckt, an die ich mich bis Gifting hängen wollte um Körner für die Rampe zu sparen. Noch kurz eine Cola geholt, schon war die Gruppe weg. Im Stile eines Zeitfahrers ging es dann alleine hinterher, um die Gruppe nur 200m vor dem Anstieg nach Posseck einzuholen… Anfängerfehler! Entsprechend hing ich wie ein nasser Sack an der Rampe. Uff, ich bin auf das Grauen auf den Sportograf-Bildern gespannt.
Viele Grüße und vielen Dank für den tollen Bericht!
Chris
https://www.strava.com/activities/360515796
Freut mich, dass Du trotzdem zufrieden durchgekommen bist. Gerade bei dem Wetter kann man ja mal etwas Sightseeing im Alleingang in Kauf nehmen, aber Du hast recht – die Gruppen waren alle nicht wirklich kooperativ.
Entweder es wurde sich angehängt und kaum lässt man die Leute vorbei drücken sie aufs Pedal wie blöde oder in der vorausfahrenden Gruppe guckt keiner nach hinten.
Immerhin bin ich mit den Sportograf-Bildern zufrieden, am Possecker Berg sieht man mir meine Laune nicht an :-)))
Wie Du sicher selbst weißt – Finishen ist im Leben des Sportlers ja nur das Minimalziel (ein DNF wäre mein – psychologischer – GAU!), Zufriedensein was ganz anderes. Aber das passt auch gut zu Deinem neuen Blogeintrag.
Man ist dank Zielfokussierung sooo einfach unzufrieden… ich bin primär Radler (der sporadisch „joggt“ :), sodass der FRM eines der Highlights in der Saisonplanung war – da war in den Tagen zuvor der Frust schon groß: Form im Eimer, CTL im Keller, Schmerzen im Knie, draußen Sonne und das Rad verstaubt, die Waage zeigt stetig steigende Werte an.
Aber hey, je näher der Start kam, desto weniger schlimm wurde es. Ich konnte starten, das Knie hat gehalten und am Ende hat’s viel Spaß gemacht. Die Zeit war akzeptabel, das Leid war überschaubar, das Wetter super und die Strecke gewohnt schön.Was will man dann mehr?
Kein DNS, kein DNF. Es muss ja irgendwie nicht immer die nächste Höchstleistung sein, die einen glücklich macht. Vielleicht helfen (temporäre) Unterbrechungen aufgrund von Verletzungen oder Krankheit, nachdem der physische Schmerz abgeklungen ist, auch den psychischen Kompas mal wieder neu zu kalibieren.
So… und jetzt neue Ziele machen. Ötzi 2016? Vätternrundan 2016? Nehmt mein Geld, ich komme (wenn ihr mich wollt)! :-D
Die Sportograf-Bilder sind übrigens eine Offenbarung – ich hatte nicht auf dem Schirm, dass an der Possecker Rampe zwei Fotografen standen. Einen hatte ich gesehen – auf dessen Bild habe ich die Anstregung hinter meinem schönsten Lächeln, das in diesem Moment machbar war, versteckt. Das zweite Bild (von der Seite) zeigt aber dafür das ganze Elend
Wahnsinn. Die Sonne, die Atmosphäre. Nach so einem langen Arbeitstag kann man da nur noch Radfahren wollen!
So soll es doch sein, oder? Appetitanreger für die schönsten Sachen die uns Spaß machen. Ich finde vor allem vom Radfahren kann es gar nicht genügend Fotos geben :-)